Institutsgeschichte
"Wer sich für die Geschichte seiner Wissenschaft interessiert, den kümmern nicht nur die Erkenntnisse, sondern auch die Wege, auf denen sie gefunden, und die Menschen, durch die sie gefunden worden sind."
Friedrich Bechtel im Vorwort zu Lexilogus zu Homer, Halle a.d. Saale 1914, vii.
Gründung und Entwicklung der Bonner Universität (1818)
Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität wurde 1818 als dritte der sechs preußischen Reformuniversitäten im Sinne Wilhelm von Humboldts vom preußischen König Friedrich Wilhelm III gegründet, bei gleichzeitiger Auflösung der 1655 gegründeten alten Duisburger Universität.


Für die neue "Preußische Rhein-Universität", die ab 1828 in "Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität" umbenannt wurde, wurden die beiden damals leerstehenden erzbischöflichen Schlösser aus der Barockzeit bereitgestellt, das heutige Hauptgebäude der Universität (durch einen Bombenangriff am 18. Oktober 1944 völlig zerstört und nach dem Krieg wieder aufgebaut) und das sogenannte Poppelsdorfer Schloß, ehemals zur brachliegenden Schloßanlage Clemensruh (benannt nach dem Kölner Kurfürsten Joseph Clemens) gehörig, dem einstigen Feriendomizil der Kölner Kurfürsten, und seit 1819 Teil des Botanischen Gartens. Die neue Bonner Universität umfaßte damals zwei theologische Fakultäten sowie die juristische, medizinische und philosophische Fakultät. Orientalistik und Klassische Philologie gehörten bereits zu den Gründungsfächern. Heute hingegen zählt die Universität Bonn sieben Fakultäten, über 500 Professoren und mehr als 27.500 Studierende.
Einer der ersten Bonner Professoren, der Rechtshistoriker Ferdinand Walter (1794–1879) hat schon recht früh das Walisische Recht studiert. Dies zeigt ein Festvortrag von 1837 sowie seine Monographie Das Alte Wales. Ein Beitrag zur Völker-Rechts-und Kirchengeschichte (Bonn: Adolph Marcus, 1859; ca. 550 Seiten). Mehr zu Ferdinand Walter und seinem akademischen Schaffen finden sie hier. (Hier finden sie eine digitale Version des Werkes von 1859.) Was das Interesse für die walisische Kultur betrifft, hatte Ferdinand Walter freilich zunächst keinen eigentlichen Nachfolger gefunden. | ![]() |
Das "Seminar für Vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft" (1908)
Die Einrichtung des "Seminars für Vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft" geht auf Felix Solmsen (1865–1911) im Jahr 1908 zurück. Im Jahr 1893 noch Privatdozent, wurde er bereits 1897 außerordentlicher Professor, 1907 persönlicher Ordinarius und 1909 schließlich Ordinarius. Nach seinem Tod im Jahr 1911 wurde Rudolf Thurneysen auf den Lehrstuhl berufen. Er hatte den Lehrstuhl von 1913 bis 1923 inne, war aber bis zu seinem Tod 1940 weiterhin in Bonn wissenschaftlich tätig. Er ist der Begründer der Bonner Keltologie, und seine überragende Bedeutung muß zumindest Keltologen nicht näher erläutert werden. Eine ausführlichere Würdigung ist an anderer Stelle dieser Website zu finden.
Thurneysens Nachfolger waren Ferdinand Sommer (1924–26), Eduard Schwyzer (1927–32), Gerhard Deeters (1935–60) und Günter Neumann (1969–72). Sie waren keine Keltologen, haben sich aber auf anderen Gebieten Ruhm erworben. Die Bonner keltologische Tradition wurde jedoch weitergeführt von Johann Leo Weisgerber (1942–67 Prof. für Keltologie und Allgemeine Sprachwissenschaft), dessen Rolle in der bretonischen Sprachpolitik während der Okkupation durch die Nationalsozialisten bis heute kontrovers diskutiert wird, und Rudolf Hertz (1930 Priv.-Doz., 1946 a.o. Prof., 1953 o. Prof., †1965), der selbst unter dem Unrechtsregime zu leiden hatte.
Das "Keltologische Seminar der Universität Bonn" während des Dritten Reiches 1933-1945
Wohl denen, die wie Thurneysen während des Nazi-Regimes 1933–1945 bereits emeritiert und dadurch einem erheblich geringeren Anpassungsdruck ausgesetzt waren als ihre noch lehrenden Kollegen. Thurneysen hat diese Situation wie so manch anderer auch genutzt, um im Hintergrund zu versuchen, auf die Universitätsverwaltung mäßigend einzuwirken, um bedrängte Kollegen zu schützen und auf privater Ebene jüdischen Kollegen oder Studenten das Weiterstudium zu ermöglichen (so überliefert es Faßbinder in Begegnungen; 1961).

Es darf nicht vergessen werden, daß die Universitäten während des Nazi-Regimes völlig im Sinne der Nazi-Ideologie umstrukturiert und instrumentalisiert wurden. Es gibt keinen Universitätsprofessor, der zwischen 1933 und 1945 im Amt war, der nicht von den politischen und gesellschaftlichen Änderungen tangiert wurde. Aber das Maß der Verstrickung ist fächerspezifisch ganz unterschiedlich und zudem abhängig von der Forscherpersönlichkeit. Heute kann in Deutschland keine Institutsgeschichte geschrieben werden, ohne auf die Rolle des Instituts in der Zeit der Naziherrschaft einzugehen und die Opfer und die Mittäter zu benennen.

Unter den Keltologen dieser Zeit findet sich beides, sowohl Opfer als auch Mittäter. Das Fach war einem erheblichen Legitimationsdruck ausgesetzt, weshalb versucht wurde, durch willfährige Anpassung der Terminologie und Lehrinhalte die Relevanz des Faches zu betonen. Die Gründung der von Ludwig Mühlhausen in Berlin herausgegebenen „Schriftenreihe der deutschen Gesellschaft für keltische Studien“ (1937–40) und die Umbenennung der renommierten „Zeitschrift für celtische Philologie“ in „Zeitschrift für keltische Philologie und Volksforschung“ in den Jahren 1941–43 markieren die Übernahme der nationalsozialistischen Wissenschaftsauffassung. Treibende Kraft war Ludwig Mühlhausen (1888–1956), ein stramm nationalsozialistisch orientierter Keltologe aus Hamburg, SS-Offizier und dem SS-Ahnenerbe verpflichtet, der nach Pokornys Vertreibung auf den Berliner Lehrstuhl berufen worden war, und der mit Eifer die politische Gleichschaltung betrieb. Die von ihm angestrebte umfassende inhaltliche Neuausrichtung führte weg von der exakten philologisch-historischen Methode in der Keltologie, wie sie unter Thurneysen betrieben wurde, hin zu einer Volksforschung betreibenden „Keltistik“. Die traditionelle Keltologie wurde als zu angeblich philologischen Selbstzwecken betrieben diffamiert. Ziel war die In-Dienst-Stellung von Keltologen zu zersetzerischen Zwecken in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten. Keltologen mit Kenntnissen in den Minderheitensprachen Walisisch, Bretonisch und Irisch sollten das Widerstandspotential der Sprachminderheiten Frankreichs und des Vereinigten Königreiches durch entsprechende Kultur- und Sprachpolitik wecken, um dadurch den Feind von innen heraus zu schwächen, seine Einheit zu verhindern sowie Kollaborateure und Überläufer anzuwerben: Ludwig Mühlhausen für das Kymrische, sein Schüler Hans Hartmann (1909–2000) für das Neuirische sowie der Bonner Keltologe Leo Weisgerber (1899–1985) für das Bretonische. Hans Hartmann wurde 1941 ins Auswärtige Amt dienstverpflichtet, wo man ihm schon bald die Leitung der Irlandredaktion der Reichsrundfunkgesellschaft übertrug, die für die Verbreitung der Nazi-Ideologie in Irland zu sorgen hatte – auch gerade in irischer Sprache. (Zu Weisgerber siehe weiter unten.) Das Ziel all dieser Aktivitäten war die Vorbereitung auf die angestrebte staatliche Neuordnung Europas nach Kriegsende.

Unter politischer Verfolgung hatten Vertreter der Keltologie nicht zu leiden, wohl aber unter rassischer. Grundlage hierfür bildeten zunächst die sog. Nürnberger Rassengesetze, die am 15. September 1935 anlässlich des 7. Reichsparteitags der NSDAP in Nürnberg in Kraft gesetzt wurden, und mit denen die Nationalsozialisten ihre antisemitische Ideologie auf eine juristische und institutionelle Grundlage stellten. Sie kamen gleich 1935 beim Berliner Keltologen und Lehrstuhlinhaber Julius Pokorny aufgrund seiner jüdischen Abstammung zur Anwendung. Er wurde zunächst beurlaubt und dann zwangspensioniert – und das trotz seiner eigenen, wohldokumentierten Anfälligkeit für die nationalsozialistische Rassenideologie.

Ebenfalls rassisch verfolgt wurde der Bonner Keltologe Rudolf Hertz. Er hatte bei Thurneysen über "Die Zeit- und Begründungskonjunktionen des Irischen" (Halle a.d. Saale, 1929) promoviert und habilitierte sich 1930 mit einer Schrift über den altirischen nasalierenden Relativsatz. Seit 1930 war er Privatdozent für Keltische Philologie in Bonn. 1938 wurde ihm jedoch als „Mischling 2. Grades“ die Lehrbefugnis auf Grundlage der Durchführungsbestimmungen der „Reichshabilitationsordnung“ entzogen.
Der zweite Bonner Keltologe dieser Zeit war Leo Weisgerber (1899–1985), der 1923 bei Thurneysen mit einer Arbeit über Die Handschriften des Peredur ab Efrawc in ihrer Bedeutung für die kymrische Sprach- und Literaturgeschichte (cf. ZCP 15, 1925) promoviert wurde.
1924 habilitierte er sich in Bonn mit der Schrift Sprache als gesellschaftliche Erkenntnisform (unpubliziert).
Er gilt als Begründer der „inhaltsbezogenen Sprachwissenschaft“ respektive des „Neohumboldtianismus“.

Während Weisgerbers Verdienste im Bereich der Sprachwissenschaft heute unbestritten sind, wird andererseits seine Rolle als Mittäter der nationalsozialistischen Politik häufig heruntergespielt (so der derzeitige Wikipedia-Artikel, der Weisgerber implizit in die Nähe katholischer Widerständler bringt). Das betrifft sowohl seine ideologische Betreuung von „keltischsprachigen“ Kriegsgefangenen in Bad Orb im Jahr 1940 – die ideologische Umpolung von Kriegsgefangenen, die Minderheiten angehörten, war generell ein wichtiges Anliegen des SS-Ahnenerbes – , als auch seine Tätigkeit als Zensuroffizier in Rennes im Zweiten Weltkrieg. In den Jahren 1940 bis 1944 war Weisgerber im Funkhaus Rennes zuständig für die Sendungen in bretonischer Sprache. 1941 regte er die Gründung von „Framm Keltieg Breizh“ (,Keltisches Institut der Bretagne') an, dessen Präsident der bekannte und bis heute ebenfalls umstrittene bretonische Schriftsteller Roparz Hémon (†1978) wurde, der die ersten Sendungen in bretonischer Sprache überhaupt umsetzte. Für seine Kollaboration wurde er nach dem Krieg für zehn Jahre verbannt, ging nach Irland und arbeitete im Dublin Institute for Advanced Studies. Indem er im „Framm Keltieg Breizh“ alle kulturellen, wirtschaftlichen und nachrichtendienstlichen Aktivitäten bündelte, konnte Weisgerber die Kulturpolitik der Bretagne maßgeblich mitbestimmen und (im Auftrag des sog. Sicherheitsdienstes) überwachen. Dabei muß daran erinnert werden, daß die Zusammenarbeit der gegen Frankreich gerichteten bretonischen Widerstandsbewegung mit den Nationalsozialisten nicht nur im kulturellen, sondern auch im militärischen Bereich erfolgte. Ausdruck dessen ist, daß Weisgerber und weitere Keltologen nach der militärischen Niederlage der Nazis einem Mitglied der bretonischen SS-Miliz „Bezen Perrot“, geführt von Célestin Lainé, durch die Bereitstellung falscher Ausweispapiere die Flucht nach Irland ermöglichten.
Die Geschichte der Keltologie während des Nazi-Regimes ist alles andere als rühmlich, und viele Details sind bis heute noch ungeklärt, so z.B. die Verstrickung der irischen Keltologen und Volkskundler mit dem Nationalsozialismus.
Für Hertz immerhin wendeten sich die Dinge zum Guten: Er kehrte nach Kriegsende nach Bonn zurück, wurde 1946 zum außerordentlichen Professor und 1953 zum ordentlichen Professor für Sprachwissenschaft ernannt. Er war auch politisch tätig: 1946 und 1947 war er für die FDP Mitglied des Landtages von Nordrhein-Westfalen. 1953 gründete er in Bonn die „Deutsch-Irische Gesellschaft e. V.“
Aber auch Weisgerber konnte seine Karriere fortsetzen. Er blieb bis 1967 Professor für Keltologie und Allgemeine Sprachwissenschaft, wirkte daneben auch für die „Deutsche Forschungsgemeinschaft“, war Mitbegründer des „Instituts für deutsche Sprache“ in Mannheim und gründete 1950 die noch heute existierende Zeitschrift Wirkendes Wort.
Trotz dieser Karriere steht außer Zweifel, daß Weisgerbers Verhalten im sog. Dritten Reich eine vorbehaltsfreie Rezeption seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse auf Jahrzehnte hinaus massiv behindert hat. Man war verständlicherweise nicht dazu bereit, Weisgerbers wissenschaftliche Leistung getrennt von seiner Karriere während der dunklen Jahre zu bewerten.
Auch heute, mit mehr zeitlichem Abstand, fällt dies nicht wesentlich leichter. Aber es muß festgehalten werden, daß sich Weisgerber "im mainstream dessen bewegte, was im Dritten Reich als 'normales' Verhalten von Wissenschaftlern gelten muß". Zudem muß betont werden, "daß sich Leo Weisgerber keiner Verbrechen schuldig gemacht hat, weder nach damaligen noch nach heute gültigen Rechtsnormen. Er war weder an der Deportation von Juden aus Frankreich noch an der Verfolgung anderer Minderheiten oder etwa an der Durchführung des berüchtigten 'Nacht-und-Nebel'-Erlasses direkt beteiligt." (Beide Zitate von Joachim Lerchenmüller aus Interpretation und Re-Interpretation, Münster 2000: 194 und 193.)
So ist es auch gerechtfertigt, daß Weisgerbers historische Arbeiten zum Keltischen und Germanischen in der römischen Antike heute noch die wissenschaftlichen Grundlage zum Thema bilden – und zwar nicht nur von sprachwissenschaftlicher, sondern gerade auch von althistorischer Seite.
Die kritische Aufarbeitung der keltologischen Fachgeschichte – auch dies darf nicht verschwiegen werden –, erfolgte nicht von innen heraus durch eigene Fachvertreter, sondern mußte von außen angestoßen werden. An dieser Stelle soll insbesondere die langjährige Arbeit des Tübinger Germanisten und Linguisten Gerd Simon (*1937), Gründer der „Gesellschaft für interdisziplinäre Forschung Tübingen“, und seiner Mitforscher gewürdigt werden, von letzteren namentlich Joachim Lerchenmüller, dessen Forschungen auch für dieses Kapitel der Bonner Institutsgeschichte unerläßlich waren.
Anmerkung: Wann genau die Benennung „Keltologisches Seminar der Universität Bonn“ eingeführt wurde, konnte derzeit (27-Nov-08) noch nicht ermittelt werden.
Das "Sprachwissenschaftliche Institut" (1946)
1946, also noch in der Zeit von Leo Weisgerber (1899–1985), wurde das "Seminar für Vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft" in "Sprachwissenschaftliches Institut" umbenannt. Unter Karl Horst Schmidt, der von 1974 bis 1994 in Bonn Ordinarius war, wurden die Indogermanistik und die Keltologie wieder zusammengeführt

Karl Horst Schmidt glückte auch die Einrichtung des Keltischen Lektorats, das seit 1975 vierzehn Lektoren, überwiegend aus Irland, an den Rhein locken konnte.
Fast zeitgleich war Johann Knobloch (05.01.1919 – 25.07.2010) Ordinarius für Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, nämlich von 1963 bis zum Sommersemester 1985. Er hat die Keltologie immer mit Sympathie und Unterstützung begleitet, und die Mitarbeiter und Studierenden erinnern sich mit Wärme an diesen Gelehrten mit seinem gewinnenden Wesen.

Die "Abteilung für Vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft und Keltologie" (2005)

2005 schließlich erfolgten große Umwälzungen im Zuge der Neugliederung der Fakultäten an der Universität Bonn. Das 1946 in "Sprachwissenschaftliches Institut" umbenannte Seminar wurde aufgelöst. Stattdessen wurde es in die "Abteilung für Vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft und Keltologie" überführt und dem "Institut für Anglistik, Amerikanistik und Keltologie" (IAAK) zugeordnet. Gleichzeitig mußte der alte Sitz des Instituts mit der Adresse "An der Schloßkirche 2" geräumt werden. Im Oktober 2005 fand der Umzug in die neuen Räumlichkeiten "Am Hof 3-5" statt, die nun unweit vom alten Standort am westlich Ende des Hauptgebäudes der Universität zu finden sind. Die vorzügliche Seminarbibliothek, die zweifellos die beste keltologische Sammlung in Deutschland umfaßt, bleibt jedoch auch weiterhin in der Obhut der Indogermanistik und Keltologie und führt kurioserweise aus internen Verwaltungsgründen sogar fast noch den alten Namen weiter, "Bibliothek des ehemaligen Sprachwissenschaftlichen Instituts", die derzeit kompetent von Frau Gudrun Eigenwillig geführt, betreut und erweitert wird.
Aufgrund des ausgezeichneten Buchbestandes, gepaart mit der Effizienz einer Präsenzbibliothek, ist die Seminarbibliothek seit Jahrzehnten Anziehungspunkt internationaler Forscher, die über den Zeitraum von wenigen Tagen, manchmal auch über Wochen und Monate, und im Falle der Humboldtstipendiaten sogar über den Zeitraum von Jahren Literaturrecherche betreiben oder Forschungsarbeiten vollenden.


Von 1995 bis 2011 baute Stefan Zimmer auf den starken Bonner Grundlagen weiter, soweit es die auch durch Stellenstreichungen stark veränderte Lage zuließ, und bezog stärker als bisher die modernen keltischen Sprachen mit ein.
Eine große Hilfe kam von seiten der irischen Regierung, als 2006 die Einwerbung einer halben Mitarbeiterstelle für Neuirisch gelang, freilich zunächst auf drei Jahre befristet. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen des Ciste na Gaeilge-Programms, initiiert von Éamon Ó Cuív T.D., dem irischen Minister für Angelegenheiten der Gemeinschaft, des ländlichen Raumes und der Gaeltachtaí (Aire Gnóthaí Pobail, Tuaithe agus Gaeltachta), dem durch Brian Ó Cuív (1916–1999), seinen Vater und berühmten irischen Keltologen, Interesse und Verständnis für Sprachen und keltologische Philologie gewissermaßen bereits in die Wiege gelegt wurde.
Eine weitere willkommene Unterstützung bietet seit 1999 die von Arndt Wigger angeregte Gründung des Studienhauses für Keltische Sprachen und Kulturen und seit 2002 die enge Kooperation mit dem von Michael Klevenhaus aufgebauten "Deutschen Zentrum für Gälische Sprache und Kultur"
2003 erhielt die Keltologie Bonn den Auftrag, den 13. Internationalen Keltologenkongreß (XIII ICCS) auszurichten, den wichtigsten Kongreß dieses Forschungsbereichs, der damit erstmalig überhaupt auf deutschem Boden stattfand. Diese ehrenvolle Aufgabe wurde auch als Anerkennung und Unterstützung der jahrzehntelangen keltologischen Forschungen in Bonn verstanden. Der Kongreß fand vom 23. bis 27. Juli 2007 statt und stand unter der Schirmherrschaft des Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Horst Köhler. Da es gelungen war, das Rheinischen Landesmuseum Bonn als Mitorganisator des Kongresses zu gewinnen, wurde für den XIII ICCS das Generalthema "Die Kelten am Rhein" gewählt. Die Tagungsbände erschienen 2009 in der Reihe "Beihefte der Bonner Jahrbücher", die vom "Landschaftsverband Rheinland/Rheinisches Landesmuseum Bonn" herausgegeben werden, verlegt von der "Primus Verlag GmbH" in Darmstadt.
2008 ergab sich ein Wechsel in der Herausgeberschaft der "Zeitschrift für celtische Philologie". Sie wird ab Band 57 (2009) von Prof. Stefan Zimmer und Dr. phil. Jürgen Uhlich herausgegeben. |
Die Keltologie Bonn im sog. Bologna-Prozeß (2006)
Der sogenannte "Bologna-Prozeß", der die Vereinheitlichung der universitären Ausbildung im vereinten Europa zum Ziel hatte, die Vergleichbarkeit und gegenseitige Anerkennung universitärer Abschlüsse erleichtern und die internationale Mobilität von Akademikern fördern sollte, hat kaum ein Studienfach ungeschoren gelassen. Augenfälligstes Resultat war die Einführung der sog. BA/MA-Struktur, d.h. die Einführung neuartiger BA- und MA-Programme, oder, anders ausgedrückt, der Bachelor- und Masterstudiengänge anstelle des herkömmlichen Magisterstudiengangs. Problematischer noch ist die auf politischen Druck hin eingeführte rein betriebswirtschaftliche Einschätzung der Universität. Sie bereitet allen "kleinen" Fächern – die wie die Keltologie in Wirklichkeit inhaltlich und methodisch viel umfangreicher sind als die meisten "großen" Fächer und an ihre Studierenden erheblich höhere Anforderungen stellen – erhebliche Schwierigkeiten. Für die Keltologie Bonn ergaben sich seit Einführung der europäischen BA/MA-Studiengänge einschneidende Veränderungen. Keltologie kann seither nicht mehr als Hauptfach studiert werden, sondern im BA-Programm nur als Nebenfach (‘Minor’) zu einem Hauptfach (‘Major’) belegt werden. Eine Fortführung des Studiums im Rahmen des MA-Programms Mittelalterstudien (mit Schwerpunkt Keltologie) ist zwar geplant, aber derzeit noch nicht beschlossen. Als Promotionsfach (‘PhD level’) bleibt Keltologie vorerst bestehen. Der neue modularisierte Studienplan ist im Internet einsehbar.
Dank des selbstlosen Einsatzes einer ganzen Reihe von ehrenamtlichen Dozenten können in Bonn über das Pflichtprogramm hinaus zahlreiche wissenschaftliche Lehrveranstaltungen auf vielen Gebieten der keltischen Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft angeboten werden. Näheres zu den damit verbunden Lehrinhalten sind über das kommentierte Vorlesungsverzeichnis zu erhalten. Auskunft über die Dozenten finden sich auf der Personalseite.
Ein weiterer Aspekt, den es zu vermerken gilt, betrifft das ERASMUS-Programm. Erasmus-Austauschverträge bestehen mit Cork, Galway und Maynooth; eine zukünftige Kooperation mit Utrecht ist geplant. Inwieweit sich die neue BA/MA-Struktur überhaupt mit einem Auslandsstudium verträgt, bleibt abzuwarten. Bisher gingen (und kamen) ein bis drei Studenten jährlich. Alle Bonner ERASMUS-Studenten, die ein Auslandsjahr eingelegt haben oder derzeit ein solches absolvieren, studierten noch unter den Bedingungen des herkömmlichen Magister- oder Promotionsstudiengangs.
![]() | Die Lektoratsstelle für keltische Sprachen, eingerichtet 1975, ist eine Besonderheit der Universität Bonn. Hier finden Sie nähere Informationen. |
Zur Geschichte des "Sprachwissenschaftlichen Instituts" gibt es eine ausführliche Beschreibung von Eduard Schwyzer, die auch digital verfügbar ist (SCHWYZER 1933). | |
![]() | Die Zustände an der Bonner Universität während des nationalsozialistischen Unrechtregimes und die persönliche Begegnung mit Rudolf Thurneysen sind lebhaft beschrieben in den Lebenserinnerungen von Klara-Marie Faßbinder (1890-1974), die im Rheinland auch bekannt ist als "Friedens-Klärchen". Hier finden Sie das relevante Kapitel ("Alma Mater Bonnensis", SS. 31-41) aus Fassbinders Buch Begegnungen und Entscheidungen. Blätter aus einem Lebensbuch (Darmstadt: Progress-Verlag Johann Fladung, 1961), als herunterladbare pdf-Datei (19,8 MB) |
Gisbert Hemprich, November 2008 |